Oder: Wir überlisten den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik

Früher war der Mensch froh, wenn er es sich wärmer machen konnte, als es draußen war. Seit der Entdeckung des Feuers war das warme Heim nur noch eine Frage des Fleißes beim Brennholz machen. Irgendwann aber wurde er unverschämt und wollte nicht nur außer Wärme auch Bewegung erzeugen können, sondern auch Kälte: Eine Weile nach der Dampfmaschine wurde die Kältemaschine erfunden – und heute heizen wir mit letzterer auch noch die Bude. Kühlschrank und Wärmepumpe: ein Prinzip – zwei gegensätzliche Anwendungen.

Den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik kann man leider nicht überlisten. Den zweiten schon – zumindest scheinbar. Nicht wirklich, denn sonst wären Kühlschrank und Wärmepumpe ja ein Perpetuum Mobile der zweiten Art. Aber immerhin ist eine Wärmepumpe – die genau so funktioniert wie ein Kühlschrank – etwas, bei dem man mehr heraus bekommt als man (selbst) hineinsteckt. Und das ist auch schon immerhin etwas, oder?

Kühlschrank und Wärmepumpe – Der Umweg über den Druck

Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt ja bekanntlich, dass keine Wärme von einem kälter auf einen wärmeren Körper übergehen kann. Trotzdem macht der Kühlschrank das Bier kalt und – bei genauem Hinsehen – die Bude wärmer. Und auch die Wärmepumpe klaut draußen, wo es ja noch kälter ist, Wärme und pumpt sie ins traute Stübchen des knitzen Anwenders. Ja, wie geht das denn?

Kühlschrank und Wärmepumpe - Alter Kompressor
Ein Kompressor aus dem 19. Jahrhundert (Bild: Historisch)

Nun, obwohl sowohl beim Kühlschrank als auch bei der Wärmepumpe im Endeffekt einem kälteren Körper Wärme entzogen und an einen wärmeren übertragen wird, verstößt im Inneren des Prozesses nichts gegen den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Im Grunde grandios: Obwohl bei der Arbeit von Kühlschrank und Wärmepumpe Wärme von wärmeren zu kälteren Körpern übergeht, landet schließlich Wärmeenergie aus einem kälteren Körper in einem wärmeren. Möglich wird das, weil man dabei einen Umweg macht: nämlich über den Druck.

Druck und Wärme hängen nämlich bei Gasen eng zusammen. Weil nach dem Ersten Hauptsatz der Thermodynamik keine Energien verschwinden oder aus dem Nichts auftauchen kann, muss die Summe aus Druck- und Wärmeenergie in einem abgeschlossenen System immer gleich bleiben. Genau genommen spielt da auch noch die Lageenergie mit, aber das ist nur relevant, wenn es innerhalb des Systems große Höhenunterschiede gibt. Dass in einem Kühlschrank das Verdampferfach etwas höher liegt als der Kompressor, kann man vernachlässigen; entscheidend sind hier Druck und Wärme und wie diese beiden Größen sich ändern.

Kondensationswärme und Verdampfungskälte – Verdampfungswärme und Kondensationskälte

Die Überschrift dieses Abschnitts klingt paradox. Tatsächlich aber ist es lediglich eine Betrachtungssache, ob man von Verdampfungskälte oder Verdampfungswärme spricht: Wenn ich mein Zippo mit Benzin befülle, ungeschickt bin und mir Benzin über die Hand gieße, fühlt sich das kalt an. Wir sprechen da von Verdunstungskälte, man könnte auch Verdampfungskälte sagen. Aus der anderen Richtung betrachtet nimmt aber das Benzin Wärme von meiner Hand auf, die es zum Verdampfen benötigt – es braucht Verdampfungswärme.

Prinzip der Kältemaschine
Das Prinzip einer Kältemaschine (Bild: Historisch)

Zum Kondensieren eines gasförmigen, verdampfen Stoffes zu einer Flüssigkeit muss es kalt sein. Man muss Wärme entziehen, also kühlen. Andererseits aber gibt der Dampf beim Kondensieren Wärme ab, die er beim Verdampfen aufgenommen hat. Langer Rede kurzer Sinn: Will man eine Flüssigkeit verdampfen, muss man ihr Wärme zu führen. Und genau diese Wärme gibt sie wieder ab, wenn sie kondensiert.

Der Zusammenhang zwischen Druck und Wärme bei Kühlschrank und Wärmepumpe

Wer sein Fahrrad schon mal mit der Hand aufgepumpt hat, weiß das dabei die Luftpumpe warm wird. Lässt man die Luft aus einem Fahrradreifen und hält den Finger vor das Ventil, spürt man eine deutliche Kälte. Und das kommt nicht nur davon, dass die strömende Luft Wärme von unserer Haut abtransportiert. Tatsächlich benötigt sie auch Wärme, um sich wieder auszudehnen, nachdem sie im Fahrradreifen zusammengepresst war.

Diese beiden Effekte kann man kombinieren: Wenn man ein Gas so stark komprimiert, dass es sich verflüssigt, benötigt es, wenn man es wieder verdampfen lässt, sowohl Energie um sich ausdehnen zu können, als auch welche, um wieder zu verdampfen. Und die holt es sich gnadenlos aus der Umgebung, indem es diese abkühlt.

Kühlschrank und Wärmepumpe: Kältemittel

In Kältemaschinen wie sie auch in Kühlschränken verbaut werden, dient als Kältemittel ein Gas, das sich gut verflüssigen lässt. Propan und Butan eignen sich hier, werden aber in großen Anlagen eher weniger eingesetzt, weil sie brennbar sind. Kohlenwasserstoffe, bei denen Wasserstoffatome durch Chloratome ersetzt sind, chlorierte Kohlenwasserstoffe, funktionieren hier auch und sind unbrennbar. Allerdings beschädigen sie die Ozonschicht unserer Atmosphäre. Deswegen verwendet man heutzutage stattdessen fluorierte Kohlenwasserstoffe, die dies (angeblich zumindest) nicht tun.

Kühlschrank
Moderne Kühlschränke (Bild: PaulGorduiz106/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 4.0 International)

In großen Kühlanlagen verwendet man auch Ammoniak. Das sollte man zwar nicht konzentriert einatmen, aber der Umwelt tut es nichts – es ist im Grunde nichts anderes als der Geruch von Pferdemist. In so geringen Konzentrationen – zum Beispiel auch beim Lutschen von Salmiakpastillen – tut es sogar den Atemwegen gut, weil es den Schleim löst. Pferdestall – der stinkt nicht, sondern duftet wunderbar nach Pferd – ausmisten kann also Hustenbonbons ersetzen. Abgesehen davon, dass es 100 % zuckerfrei ist und Kalorien verbrennt anstatt welche zuzuführen.

Energiebilanz im Kühlschrank

Kalorien? Energie! Damit wären wir zurück beim Thema. In einer Kältemaschine wie sie in einem Kühlschrank steckt, wird das Kältemittel mit einem Kompressor erst mal kräftig verdichtet. Und zwar so, dass es flüssig wird. Dabei wird es warm.

Diese Wärme, die jetzt darin steckt, bräuchte dieses Kältemittel nun später, um sich wieder auszudehnen. Gemeiner Weise klauen wir diese Wärme aber, indem wir das Kältemittel in den Kühlschlangen auf der Rückseite des Kühlschranks an der Umgebungsluft abkühlen. Dabei steht es immer noch unter Druck. Hier wird jetzt sozusagen das Energiekonto des Kältemittels überzogen. Aber es wird nicht gegen den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik verstoßen, denn es geht ja Wärme von einem wärmeren auf einen kälteren Körper über. Und das ist erlaubt.

Jetzt kommt das Kältemittel aber in den Verdampfer im Eisfach des Kühlschranks. Dort geht es zunächst durch eine enge Düse und dann wieder in ein dickeres Rohr. An einer solchen Einrichtung verliert ein strömendes Fluid Druck.

Weil der Druck jetzt weg ist, muss sich das Kältemittel ausdehnen. Und zwar gewaltig, weil es ja noch flüssig ist und jetzt wieder gasförmig werden soll. Dafür bräuchte es jetzt die Energie, die wir ihm beim Komprimieren zugeführt haben und die zunächst zu Wärme geworden ist. Diese Wärme haben wir jedoch geklaut. Dadurch ist das Kältemittel gezwungen, in sein eigenes Energieportemonnaie zu greifen und daraus das überzogene Wärmekonto auszugleichen. Und dadurch wird es kälter als die Umgebung.

Wärmepumpe DDR 1980
Eine Frühe Wärmepumpe in der DDR 1980 (Bild:Bundesarchiv, Bild 183-W0327-0027 / Lehmann, Thomas / CC-BY-SA 3.0)

Weil es im Kühlschrank aber wärmer ist, als das Kühlmittel im Verdampfer, geht – auch wieder ohne Kollision mit dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik – Wärme aus der Luft und den Dingen im Kühlschrank an das Kühlmittel über. Sprich: Das Bier im Kühlschrank wird gekühlt.

Das entspannte, wieder verdampfte Kühlmittel geht nun zurück zum Kompressor. Und jetzt kann der Kreislauf von neuem beginnen.

Der umgedrehte Kühlschrank: Die Wärmepumpe

Wie jeder weiß, gibt ein jeder Kühlschrank auf seiner Rückseite warm. Was da an Wärmeenergie abgegeben wird, ist exakt die Summe aus der elektrischen Energie, welche der Kühlschrank zieht und der Wärmeenergie, die er aus dem Bier im Kühlschrank holt.

Das Kühlen des Bieres ist nun eine Sache die Energie verbraucht. Deswegen ist Kälte nicht billig. Betrachten wir aber unseren Kühlschrank als Heizgerät, hat er einen Wirkungsgrad von über 100 %. Denn das, was hinten als Wärme herauskommt, ist mehr, als wir an Strom hineingesteckt haben. Die Differenz kommt natürlich aus der Wärme, welche die Bierflaschen mitgebracht haben, als wir sie in den Kühlschrank gesteckt haben.

So taugt der Kühlschrank aber nicht zum Heizen. Wenn wir das kalte Bier aus dem Kühlschrank trinken, holt es sich die Wärme aus unserem Körper zurück. Und natürlich auch schon, wenn es auf dem Tisch steht und warm wird, so wir es nicht schnell genug trinken. So schließt sich also der Energiekreislauf des Kühlschranks: Als Erwärmung der Umgebung bleibt nur die Energie aus dem Strom zurück, weil die gekühlten Dinge aus dem Kühlschrank sich die Wärme wieder zurückholen, wenn sie aus dem Kühlschrank genommen werden.

Kühlschrank und Wärmepumpe - Moderne Wärmepumpe
Dass eine Wärmepumpe so aussieht wie ein Kühlaggregat oder auch eine Klimaanlage, kommt nicht von ungefähr: Alle drei arbeiten ja gleich, nur dass die Wärmepumpe die Wärme von draußen nach drinnen bringt und nicht umgekehrt wie das Kühlaggregat und die Klimaanlage (Bild: Chixoy/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Funktionieren tut das aber, wenn wir die Wärme nicht aus dem Innern des Kühlschranks holen, sondern von draußen. Lassen wir die äußeren Kühlschlangen, welche die Wärme abgeben, im Haus und verlegen die inneren aus dem Verdampferfach nach draußen. Dort kühlen sie – je nach Art der Wärmepumpe – die Luft, das Erdreich oder das Grundwasser. Die dort geklaute Wärme landet zusammen mit der Wärme, die aus dem Strombedarf der Wärmepumpe entstanden ist, als Heizwärme im Haus. Der Effekt: Man bekommt mehr Kilowattstunden als Wärme aus der Wärmepumpe heraus als man in Form von Strom hineingesteckt hat.

Der Pferdefuß der Wärmepumpe

So gesehen hat die Wärmepumpe einen Wirkungsgrad von mehr als 100 %. Und trotzdem wird nicht gegen den ersten Hauptsatz der Thermodynamik verstoßen: Die zusätzliche Wärme kommt ja nicht aus dem Nichts, sondern fehlt nachher draußen, in der Umgebung des Hauses.

Der Nachteil der Wärmepumpe besteht darin, dass man sie mit elektrischem Strom betreiben muss. Und leider ist das Heizen mit elektrischem Strom die teuerste Art zu heizen. Theoretisch kann man eine Wärmepumpe – genauso wie eine Kühlanlage – natürlich mit jeder Art von Bewegungsenergie erzeugen. Mit Bewegungsenergie aus Wasser und Wind macht man jedoch eher elektrischen Strom.

Der Vorteil, den man hat, weil man mehr Wärme bekommt, als man in Form von elektrischem Strom kaufen muss, wird also um das gemindert, was der Strom teurer ist als Öl oder Gas. Man wird also eine genaue Betrachtung anstellen müssen, was das Gas oder Öl für die benötigte Wärmemenge kosten würde und was der Strom für eine Wärmepumpe kosten würde, welche die gleiche Wärmemenge liefert.