Oder: Warum säuft mein Auto, wenn es ein Loch im Auspuff hat?

Vor -zig Jahren, als Katalysatoren bei Autos anfingen zum Standard zu werden, hörte man die Begriffe geregelter Kat und ungeregelter Kat. Heute sind diese beiden Begriffe fast in Vergessenheit geraten. Mittlerweile ist es selbstverständlich geworden, dass ein Kat geregelt wird, sieht man einmal von kleinen Motorradmotoren ab. Auch vom Lambdawert und der Lambdasonde hört man nicht mehr so viel. Höchstens noch, dass mit der Lambdasonde offenbar etwas nicht in Ordnung sei, wenn die Abgaswerte eines Motors nicht stimmen. Was hat es aber mit diesem Lambdawert und der zugehörigen Sonde auf sich?

Die beiden Begriffe ungeregelter Kat und geregelter Kat sind eigentlich Quatsch. Ein geregelter Kat wird nämlich genauso wenig geregelt wie ein ungeregelter. Was geregelt wird, das ist die Gemischbildung und zwar aufgrund des Messwertes der Lambdasonde.

Lambdawert und Gemischbildung

Der Lambdawert ist ein Maß dafür, wie fett oder wie mager das Kraftstoff-Luftgemisch ist, welches der Vergaser bzw. die Einspritzanlage erzeugt. Der Lambdawert ist gleich Eins, wenn das Benzin und der Sauerstoff im Kraftstoff-Luftgemisch im sogenannten stöchiometrischen Verhältnis zueinanderstehen.

Stöchiometrie ist der chemische Formelkram à la 2 H2 + O2 => 2 H2O. In diesem Beispiel wird gezeigt, dass zwei Wasserstoffmoleküle H2 und ein Sauerstoffmolekül O2 miteinander reagieren und zu zwei Wassermolekülen H2O werden. Wenn man also Knallgas mixt, muss man doppelt so viel Wasserstoffmoleküle wie Sauerstoffmoleküle nehmen. Nur so bleibt weder Sauerstoff noch Wasserstoff nach der Explosion übrig.

Lambdawert - Prüfstand
Bringt der Kat etwas? Und wenn ja: Wieviel und was? Abgasprüfung auf dem Prüfstand (Bild: U.S. National Archives and Records Administration/Lizenz: PD)

Beim Kraftstoff-Luftgemisch ist das ganze zwar etwas komplizierter, aber das Prinzip bleibt das gleiche. Benzin besteht aus einem bunten Mix verschiedener Kohlenwasserstoffe, der variieren kann. Verlangt wird im Grunde lediglich, dass das jeweilige Benzin bestimmte Eigenschaften beim Verbrennen hat.

Kohlenwasserstoffe sind chemische Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Verbrennen sie, sollte daraus eigentlich nichts anderes werden, als CO2 und Wasser. Ein stöchiometrisches Verhältnis zwischen dem Luftsauerstoff und den Kohlenwasserstoffen im Benzin besteht, wenn jeweils zwei Wasserstoffatome ein Sauerstoffatom und jedes Kohlenstoffatom zwei Sauerstoffatome findet, um damit zu reagieren.

Ist zu viel Kraftstoff im Gemisch, ist der Lambdawert kleiner als Eins. Das ist dann ein fettes Gemisch. Ist zuviel Luft – und damit Sauerstoff – im Gemisch, ist der Lambdawert größer als Eins. Dann spricht man von einem mageren Gemisch.

Mal eben durchs Katfenster geschaut: Was treibt nun die Lambdasonde?

Ob nun der Lambdawert des Gemisches stimmt, kann man beim laufenden Motor feststellen, indem man den Sauerstoffgehalt der Abgase misst. Stimmt das Gemisch, dürfte ja eigentlich kein Sauerstoff mehr im Abgas vorhanden sein. Die Lambdasonde misst den Sauerstoffgehalt und anhand des Messwertes, regelt die Motorelektronik die Gemischbildung. Das funktioniert mit einer Einspritzanlage besser als mit einem Vergaser. Und das ist einer der Gründe dafür, dass man bei Autos und Motorrädern heute bloß noch Motoren mit Einspritzanlage findet.

Katalysator
Ein Katalysator ist heute Standard bei Autos. Äußerlich sieht er auch nicht viel anders aus als ein Vorschalldämpfer…. (Bild: Ahanix1989/Lizenz: PD)

Wenn man den Lambdawert misst, kann man zum einen die Verbrennung im Motor optimieren, um günstige Verbrauchs- und Abgaswerte zu erzielen. Zum anderen funktioniert der Kat nur ordentlich, wenn sich der Lambdawert sehr nahe bei Eins bewegt. Diesen Bereich nahe beim Lambdawert 1,0 nennt man das Katfenster. Die Lambdasonde ermöglicht es also, den Motor möglichst im Katfenster laufen zu lassen.

Wie gesagt: Ein geregelter Kat wird genauso wenig geregelt wie ein ungeregelter. Geregelt wird das Gemisch. Daraus folgt natürlich auch, dass ein ungeregelter Kat nicht viel Wert hat. Er arbeitet nur optimal, wenn sich das Gemisch zufällig gerade im Katfenster bewegt.

Der Lambdawert kann nicht immer Eins sein

Eigentlich sollte der Lambdawert immer Eins sein. Theoretisch. In der Praxis gibt es aber Situationen, da reicht ein etwas magereres Gemisch. Dann spart man etwas Sprit. Es gibt aber auch Situationen, da sollte das Gemisch etwas fetter sein. Dann, wenn es auf Leistung ankommt. Außerdem sieht die Verbrennung im Motor in der Praxis anders aus, als in der Theorie.

Ein realer Verbrennungsmotor liest halt kein Chemiebuch. Daher laufen in ihm die Verbrennungsvorgänge eben nicht genau so ab wie sie das theoretisch tun sollten. Da kommt es vor, dass Kohlenwasserstoffmoleküle nicht ordentlich verbrennen. Dann entstehen üble chemische Verbindungen, also Schadstoffe. Da ist zum einen Kohlenmonoxid, also Kohlenstoff der nicht ordentlich verbrannt ist. Außerdem auch Kohlenwasserstoffe, im Prinzip auch Zeugs, das nicht richtig verbrannt ist.

Lambdawert - Katalysator
… aber innen sieht es deutlich anders aus: Ein Art Schwamm, in dessen Poren der eigentliche Katalysator – also der katalytisch wirksame Stoff – aufgebracht ist (Bild: The RedBurn/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Außerdem arbeitet ein Verbrennungsmotor ja nicht mit reinem Sauerstoff, sondern mit ganz normaler Luft. In dieser ist außer Sauerstoff vor allem Stickstoff vorhanden. Stickstoff brennt normalerweise nicht. Auch nicht wenn man ihn mit Sauerstoff mischt. Sonst würde uns ja der ganze Planet um die Ohren fliegen, wenn sich jemand eine Zigarette anzündet. Man kann ihn aber mit Druck und Hitze zwingen, zu verbrennen. Und dann entstehen Oxide des Stickstoffs, die sogenannten Stickoxide. Und solche Bedingungen herrschen in den Zylindern eines Motors.

Außerdem ist in Benzin Stickstoff enthalten. Das kommt daher, dass Erdöl ja aus abgestorbenen Lebewesen entstanden ist. Pflanzen und Tiere enthalten aber außer Fett und Kohlenhydraten auch Eiweiß. Fette und Kohlenhydrate bestehen lediglich aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Bei Eiweißen gehört noch Stickstoff dazu. Und dieser Stickstoff wird bei der Verbrennung im Motor auch zu Stickoxiden.

Was macht aber nun der Kat?

Ein Katalysator im Sinne des Chemikers ist ein Stoff, der eine chemische Reaktion ermöglicht, wenn er mitmischt, nach der Reaktion aber wieder unverändert vorhanden ist. Der Katalysator am Auto ist also eigentlich kein Katalysator sondern eine Blechbüchse, in der letztendlich ein Katalysator steckt. Vereinfacht ausgedrückt sitzt im Kat eine Art Schwamm, dessen Poren innen mit dem eigentlichen Katalysator beschichtet sind.

Lambdawert Katalysator
Innenleben eines Katalysators (Bild: Joel Nelson/Lizenz: PD)

Es sind nun im Prinzip drei chemische Reaktionen, die der Katalysator ermöglichen soll. Deswegen heißt er auch Dreiwege-Kat. Zum einen soll er aus Stickoxiden Stickstoff machen. Der schadet nichts, denn er ist in der Luft ja eh vorhanden. Außerdem wird im Kat Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid verbrannt. Das ist auch ein normaler Bestandteil der Luft und vergiftet auch niemanden. Und schließlich macht er aus den Kohlenwasserstoffen, die noch im Abgas vorhanden sind, doch noch CO2 und Wasser.

Unscheinbar, aber nicht billig: Wenn der Kat schuld ist, dass das Auto die AU nicht besteht, kostet es… (Bild: Kim2480/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Ein Problem des Katalysators ist das Katfenster: Der Motor muss ja immer mit einem Lambdawert sehr nahe bei 1,0 laufen. Das ist aber ein Nachteil: In bestimmten Lastsituationen des Motors darf der Lambdawert technisch ruhig größer als 1,0 sein. Auf gut Deutsch: Ein mageres Gemisch tut es. Das würde Sprit sparen. Und genau diese Spritsparen verhindert der Kat – bzw. die Gemischregelung, die er benötigt.

Man kann auch gezielt Motoren bauen, die mit einem ziemlich mageren Gemisch laufen, sogenannte Magermix-Motoren. Die sind natürlich im Spritverbrauch günstiger als solche, die eine Lambdawert von Eins brauchen. Und weil weniger Benzin verbraucht wird, entstehen hier weniger Abgase. Solche Motoren darf man aber nicht bauen und verkaufen, weil bei ihnen eben der Kat nicht funktionieren würde.

Saufendes Auto, Loch im Auspuff und Lambdawert

Warum säuft nun ein Auto, wenn es ein Loch im Auspuff? Das hat mit dem Lambdawert und der Lambdasonde zu tun. Die wird nämlich von einem Loch im Auspuff sozusagen verarscht.

Auf den ersten Blick ist die Auspuffanlage eines Autos eine Druckleitung. Klar doch, da kommen vorne die Verbrennungsgase von den Auslassventilen und stehen unter Druck. Hinten ist die Öffnung des Endrohrs, wo die Chose hinaus soll. Also muss doch im Auspuff Überdruck herrschen – oder?

Die Lambdasonde: Sie steckt dahinter, wenn ein Auto mit Loch im Auspuff säuft. Und wenn sie hinter unzulässigen Abgaswerten steckt, wird’s nicht so teuer wie wenn der Kat am Ende ist. (Bild:
Schrauber5/Lizenz: PD)

Im Prinzip ja, die meiste Zeit. Aber die Abgase kommen ja nicht gleichmäßig, sondern stoßweise, jedes Mal wenn ein Zylinder im Auspufftakt ist. Daher schwingt die Gassäule im Auspuff und es kann dabei zwischendurch auch mal Unterdruck entstehen. Das heißt, ein Loch im Auspuff lässt nicht nur Auspuffgase austreten, sondern auch Luft in den Auspuff eintreten.

Und da diese Luft natürlich Sauerstoff enthält, steigt der Sauerstoffgehalt im Inneren der Auspuffanlage. Das merkt die Lambdasonde und meldet treu und brav an die Steuerung der Einspritzanlage, dass zu viel Sauerstoff im Abgas sei. Die denkt jetzt, dass das Gemisch, das sie liefert, zu mager sei. Und deswegen gibt sie mehr Sprit in den Ansaug. Und das erhöht natürlich den Verbrauch.

Dadurch stimmen natürlich auch die Abgaswerte nicht mehr. Und dann gibt’s Ärger bei der AU. Deswegen muss auf jeden Fall der Auspuff einwandfrei dicht sein, wenn das Auto überhaupt eine Chance haben soll, die AU zu bestehen. Denn nur dann kann die Gemischregelung funktionieren.